Darstellungsarten

Die „Darstellungsarten“ in unserer Interessengemeinschaft Lebendige Geschichte 1848-1849 unterteilen sich in drei Richtungen, nämlich Zivil, Revolutionär und Militärisch. Jede Darstellungsart hat ihre eigenen Reize und Herausforderungen.

Die zivile Darstellung ist dabei wohl das größte, weiteste und umfassendste Spielfeld. Einige von uns haben ihre Rolle, z. B. als Schneider oder als kulturfördernde Witwe bereits gefunden. Andere überlegen noch, was wohl vor etwa 170 Jahren aus ihnen geworden wäre. Anders als bei der militärischen Darstellung, gibt es bei der zivilen keine Vorschriften, die uns den Alltag der Bürger, Bauern und Revoluzzer beschreiben. Heben Sie alte Kleider und Jacken auf? Wo steht Ihr alter C64? Denken Sie darüber nach, schriftlich oder bildlich festzuhalten wie Sie abwaschen, bügeln oder sich die Zähne putzen, damit spätere Generationen die Arbeitsschritte nachvollziehen können? Sicherlich nicht!

Das war vor 150 Jahren nicht anders und dieser Umstand erschwert uns die Recherchen erheblich. Eine ernsthafte zivile Darstellung ist daher die vielleicht aufwendigste aller möglichen Darstellungsarten. Unterstützung finden wir dabei u. a. in Museen, zahlreichen spezialisierten Vereinen, bei Tanzlehrern und den digitalisierten Beständen vieler Universitäten.
Momentan beschäftigen uns Fragen rund um handwerkliche Gepflogenheiten, die journalistischen Entwicklungen, welche Lebensmittel waren in welcher Region üblich, wie wurde wo getanzt und vieles mehr.

Die revolutionäre Darstellung ist eng mit der zivilen verbunden, vor allem was die Bekleidung anbelangt. Wir haben zwar Quellen über „Heckerblusen“ oder den „Uniformen“ von revolutionären Bürgerwehren, doch diese ergänzten nur die zivile Kleidung. Frauen schmückten sich mit Schärpen in roter oder den deutschen Farben. Bewaffnung und Ausrüstung waren oft abenteuerlicher Weise, was eben grade greifbar war, von der gerade geschmiedeten Sense, über den französischen Säbel, bis hin zur badischen Militärmuskete. Parallelen zur Militärdarstellung kann man hier ziehen, denn einen aufwendigen Hausstand muss der Revolutionär nicht mit sich tragen. Ihm reicht, was er im Schnappsack oder Brotbeutel mit sich tragen kann, sowie eine Strohschütte.

Unsere Militärdarsteller orientieren sich an dem Königlich Preußischen Infanterieregiment Nr. 24 (4. Brandenburgisches). Dieses war in den Jahren 1848 und 1849 auf fast allen Schauplätzen der kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligt, mit Ausnahme von Polen und Dänemark. Wenn man heute den Namen „Preußen“ hört, dann hat man unwillkürlich einen Gegenstand vor Augen: die Pickelhaube. Zu oft hat man noch ein gewissermaßen heroisiertes Bild von der preußischen Armee vor Augen, transportiert von den Gemälden aus der „glorreichen“ Kaiserzeit. Doch die Pickelhaube war erst seit sechs Jahren eingeführt, als sie schon traurige Berühmtheit erlangte und zum Symbol reaktionärer Gewalt gegenüber dem eigenen Volk wurde.

Wie die preußischen Soldaten sich fühlten, als man ihnen befahl, auf das eigene Volk zu schießen oder in „Nachbarländer“, wie das Königreich Sachsen oder das Großherzogtum Baden, einzumarschieren, um im Auftrag der Herrscher von Gottes Gnaden die Freiheitskämpfer mit Bajonett und Kartätschen zur Räson zu bringen, können wir heute nicht mehr herausfinden oder nachvollziehen. Aber wie die Soldaten aussahen, wie sich die Ausrüstung trug, aus welchen Materialien die Brotbeutel waren und welche Strapazen ein Marsch mit vollem Gepäck bedeutete, dass können wir heute anhand von detaillierter Quellenforschung recherchieren und in Selbstversuchen ausprobieren. In ihrer Darstellung fokussieren sich unsere Militärdarsteller auf den Wechsel der Ausrüstung ab 1847, daher tragen sie noch das charakteristische Durcheinander neuen und alten Lederzeugs.

Wir sind wir wohl momentan die einzige Gruppe, welche den Zeitraum dieser interessanten und gesellschaftlich wichtigen Epoche der deutschen Geschichte darstellt. Die Recherchen, welche wir in unserer Freizeit durchführen, gestalten sich oftmals schwierig, da nicht mehr viele Originale, vor allem Kleidungsstücke, dieser Zeit vorhanden und die schriftlichen Quellen manchmal nicht detailliert genug sind. Die Zusammenarbeit mit Museen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin ist daher sehr wichtig für uns. Um ein genaues Bild, z.B. des preußischen Soldaten zu bekommen, gehört neben der Recherche an Originalen natürlich auch die Auswertung von Regimentsgeschichten, Militärkalenderblättern, Vorschriften, Zeitzeugenberichten etc. dazu. Da sind alle Mitglieder gefordert um möglichst viele Informationen sammeln zu können.

Die Reproduktion von Kleidern, Gehröcken, Uniformen und Ausrüstungsgegenständen geschieht in Eigenarbeit oder, wenn die eigenen Möglichkeiten nicht ausreichen und Händler gute Repliken anbieten, dann beziehen wir sie dort. In unregelmäßigen Abständen treffen wir uns auch zu Arbeitswochenenden, an denen wir dann gemeinsam nähen, beraten, auswerten und planen. Jeder trägt etwas zu der Gruppe bei und es wird auch in gewisser Weise von jedem die Mitarbeit erwartet.

Der Schwerpunkt unserer Darstellung liegt auf den Handwerkern, dem Kleinbürgertum und den einfachen Soldaten. Wir versuchen so exakt wie möglich das (Zusammen-)Leben der damaligen Zeit in vielen Bereichen darzustellen, also in Bekleidung, Ausrüstung, Freizeitgestaltung, Arbeit und auch Essen und Trinken.

Wir setzen uns aber auch damit auseinander, welche Ängste und Gedanken die Menschen während der Revolution bewegt haben. Wie hat es sich angefühlt, wenn plötzlich Soldaten im eigenen Haus einquartiert wurden? Welche Wege standen im Umgang mit dem Militär offen und welche Konsequenzen konnte das haben? Kann ich mit sieben preußischen Silbergroschen oder drei badischen Kreuzern ein Essen auf den Tisch bringen? Gemeinsam eröffnen wir uns so ein Zeitfenster, werfen einen möglichst tiefen Blick hinein und erleben die Geschichte.

Die aktuelle Politik unserer Gegenwart wollen wir dabei außen vor lassen. Sie gehört nicht in unser Hobby, auch wenn es manchmal, wenn es etwa um das Waffenrecht geht, schwierig ist, nicht gemeinsam darüber zu reden…