1832 Das Hambacher Fest

Wohl kein Ereignis ist so mit dem Vormärz verknüpft, wie das Hambacher Fest. Hier vereinten sich zum ersten Mal die politischen und literarischen Köpfe, welche den Weg für die Revolution bereiteten und welche den Gedanken eines vereinten Deutschlands offen diskutierten und dessen Umsetzung einforderten. Schauplatz war die bayrische Rheinpfalz, welche durch den Norden Badens von bayrischem Territorium abgeschnitten war.
Die Hauptakteure des Hambacher Festes, die Zeitungsverleger Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Johann Georg August Wirth, waren wie viele andere freidenkende Herausgeber von der Pressezensur in Folge der Karlsbader Beschlüsse betroffen. Bayrische Behörden beobachteten die Zeitungen der beiden Rheinpfälzer und schikanierten sie. Zu Beginn des Jahres 1832 wurde Wirths Druckerpresse von den Behörden versiegelt, da er seine Zeitung trotz fehlender Genehmigung weiterhin druckte. Auch Siebenpfeiffers Druckerei wurde behördlich stillgelegt.
Ein Freund Wirths war der bayrische Abgeordnete Friedrich Schüler, welcher als Demokrat galt und die Pressefreiheit diskutierte. Mit ihm zusammen gründete man einen Verein, der half die Druckverbote zu umgehen, da die Zeitung von Wirth nun als Vereinsorgan fungieren konnte. Fürst Metternich, der von dem deutschpatriotischen Verein Kunde erlangte, drängte daraufhin die bayrische Regierung, etwas zu unternehmen und so wurde im März 1832 ein Gesetz erlassen, welches Vereine allgemein verbot sowie die Zeitung Wirths. Der Verleger selbst wurde verhaftet. Jedoch wurde er in dem anschließenden Prozess freigesprochen. Wirths Freispruch bewirkte zudem, dass das erlassene Gesetz zum Vereinsverbot richterlich geprüft wurde und als ungerecht erkannt aufgehoben werden musste, was Wirths und Schülers deutschpatriotischem und republikanischem Verein großen Zulauf verschaffte.
Von Siebenpfeiffer soll dann der Vorschlag gekommen sein, alle deutschen Demokraten und Oppositionelle zu einer Art Nationalfest der Deutschen einzuladen. Politische Demonstrationen und Versammlungen waren damals verboten, daher deklarierte man die anstehende Versammlung als „Fest“ bzw. „Festessen“. Die Wahl des Ortes für das Fest fiel auf die Schlossruine bei Hambach und im Mai sollte es stattfinden.
Am 20. April 1832 erschien die Einladung zum „Nationalfest der Deutschen“ in vielen Zeitungen im deutschen Bund. Sofort reagierte die bayrische Regierung mit einem Verbot des Festes und erließ eine Verordnung, welche die Reise in die umliegenden Städte begrenzte und der Polizei Sonderrechte einräumte, wie zum Beispiel das Schließen von Hotels. Zudem wurden Versammlungen verboten, sowie das Halten von Reden an öffentlichen Orten. Wieder scheiterte die Regierung an den eigenen Gesetzen und musste nach einem Richterspruch alle Verbote zurücknehmen, ließ jedoch das Verbot für das Fest bestehen.
Um den 26. Mai herum trafen die meisten Festteilnehmer, Männer wie Frauen, in den Städten um das Hambacher Schloss ein. Die Bewohner verkauften schwarz-rot-goldene Kokarden und Fahnen an die Gäste, sowie Flugblätter mit Liedtexten. Das Fest wurde am Abend mit dem Läuten der Glocken, Freudenfeuern und dem Abfeuern von Geschützen begonnen. Überall gab es Musik und Tanz. Im Neustädter Schießhaus versammelten sich die journalistischen und politischen Köpfe des Festes. Man sprach von den „großen Interessen des gemeinsamen Vaterlandes“.
Am nächsten Morgen um 8 Uhr begann der Zug zum Schloss. In der Menge wurden sowohl eine große polnische wie auch eine deutsche Fahne mitgeführt. Von Neustadt an der Haardt aus zogen die Teilnehmer, unter absingen mehrerer patriotischer Lieder, nach der Hambacher Schlossruine ab. Etwa 30.000 Teilnehmer aus allen Bevölkerungsschichten und aus zahlreichen Ländern sammelten sich gegen ca. 11 Uhr auf der Schlossruine. Im Schloss wurde die polnische Fahne gehisst und auf den höchsten Zinnen die deutsche Trikolore.
Es wurden nun politische wie patriotische Reden gehalten. Viele ereiferten sich für ein gesamtdeutsches Vaterland, andere beschworen die Solidarität mit den freiheitsuchenden Polen und revolutionären Franzosen. Die Hauptforderungen waren nationale Einheit und Freiheit, besonders die Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und Meinungsfreiheit. Außerdem forderte man Bürgerrechte, die „Neuordnung Europas auf der Grundlage gleichberechtigter Völker“, Volkssouveränität sowie religiöse Toleranz. Man redete bis in den Abend und kündigte für den nächsten Tag eine weitere Veranstaltung im Schießhaus an. Dort wollten die Verantwortlichen das weitere Vorgehen besprechen. In der Nacht zogen Studenten friedlich in Fackelzügen singend durch die Straßen.

Etwa 500 Bürger und Studenten trafen sich am 28. Mai im Schießhaus. Es gab Rufe nach Wahlen von Vertrauensmännern, welche eine provisorische Regierung bilden und welche dann als Ersatz des reaktionären Bundestages gelten sollte. Tatsächlich wurde eine solche Versammlung gewählt und der Abgeordnete Schüler leitete sie. Man einigte sich in der Versammlung darauf, an verschiedenen Orten in ganz Deutschland solche Feste zu organisieren. Manch ein Vertrauensmann forderte den bewaffneten Kampf gegen die Fürsten, um Deutschland zu einen und die geforderten Freiheiten durchzusetzen. Jedoch verglich man den Einsatz von Waffen mit dem angeborenen Verhalten der Fürsten, weswegen man sich gegen ihn entschied. Über die Diskussion, ob die gewählte Versammlung überhaupt das Recht habe, eine deutsche Revolution zu beginnen, zerstritten sich die Beteiligten und gingen schließlich uneinig auseinander; reisten größtenteils ab. Zwar kamen auch an den folgenden Tagen noch viele zum Schloss, mit dem Einholen der Fahnen und deren feierlichem Zug zurück nach Neustadt endete jedoch das Hambacher Fest ohne Einigung auf ein weiteres Vorgehen am 01. Juni 1832. In fast allen deutschen Zeitungen erschienen ausführliche Berichte über das Fest und seine Reden. In vielen Orten wurden daraufhin Freiheitsbäume aufgestellt.

Obwohl das Hambacher Fest friedlich vonstattengegangen war, gab es kleinere Aufstände im Umland wegen politischer oder sozialer Missstände. In St. Wendel gab es einen größeren Aufruhr, welcher durch den Einmarsch eines Bataillons preußischer Infanterie und der Verhängung des Ausnahmezustandes unterdrückt werden konnte. Fürst Metternich, der oberste Vertreter des konservativen Lagers, nannte das Hambacher Fest einen Skandal und Exzess. Einige Fürsten fürchteten Anarchie und Bürgerkrieg. Die Reaktion der Obrigkeit war vermehrte Repression gegenüber Oppositionellen, wie natürlich auch die direkte Verfolgung der Teilnehmer durch die Justiz. Viele wurden freigesprochen aber später unter anderem Vorwand erneut angeklagt, etwa wegen Beleidigung oder anderer, eher geringfügigeren Delikten, welche schließlich zu den geforderten Verhaftungen und Strafen führten. Viele Teilnehmer mussten Deutschland den Rücken kehren, so auch die beiden Hauptakteure Siebenpfeifer und Wirth. Ihr Gedanke von einem vereinten Deutschland blieb jedoch lebendig und reifte langsam. Fast direkt im Zusammenhang mit den Forderungen auf dem Hambacher Fest stehen die Ereignisse in Frankfurt am Main im folgenden Jahr.

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